Kommentar zur Schulanhörung – Eine vertane Chance

Eskalationen an gleich drei Schulen – einer Grundschule und zwei weiterführenden Schulen – in unserem Stadtbezirk führten in jüngster Zeit zu Schlagzeilen. Ein Fünftel bis ein Drittel der Schülerschaft an diesen Schulen spricht so gut wie kein oder gar kein Deutsch. Ein Teil ist nicht einmal alphabetisiert – wohlgemerkt: auch an den weiterführenden Schulen!

Man hätte die betroffenen Schulen anhören können, sich auf Lösungen für diese akuten und schwerwiegenden Herausforderungen konzentrieren können. Natürlich hätte das zur Folge gehabt, dass das schiere Ausmaß rot-grünen Versagens auf Landes- und Stadtebene zum Vorschein gekommen wäre. Aber man hätte den schwächsten unserer Gesellschaft geholfen, einen echten Beitrag zur Integration geleistet, zu mehr Bildungsgerechtigkeit beigetragen, die Stadtteile aufgewertet.

Stattdessen wurden gleich alle Schulen des Stadtbezirks eingeladen. Was nützt es da, wenn eine Schulleiterin im Beisein der Vorgesetzten aus der Landesschulbehörde mutig beklagt, dass der Bildungsauftrag „im herkömmlichen Sinne“ nur unzureichend erfüllt werden kann und das größte Problem der auf sie folgenden Schulleitung der vergleichsweise profane Wunsch nach einer neuen Rutsche ist?

Für uns ist eines klar geworden: An den drei vorgenannten Schulen wird der Bildungsauftrag derzeit gar nicht erfüllt. Bildung ist ein Grundrecht. Jeder Mensch in unserem Land hat einen Anspruch darauf. Da die Grundechte im Grundgesetz verankert sind, hat dieser Anspruch Verfassungsrang. Er steht nicht in Konkurrenz mit der Landesgesetzgebung oder irgendwelchen Dienstvorschriften. In unserem föderalen System ist das Land für die Bildung zuständig. Bei ihm muss dieses Recht eingelöst werden.

An Grundschulen gilt die Schulbezirksbindung. Eltern müssen ihre Kinder in dem Schulbezirk anmelden, in dem sie ihren Wohnsitz haben. Jeder Schulbezirk stellt den Einzugsbereich einer Grundschule dar. Wenn an der Grundschule praktisch kein Regelschulbetrieb mehr stattfinden kann, muss das vom rauen Schulalltag gebeutelte und vernachlässigte Kind zuhause unterrichtet werden. Für manche Familien ist das eine große Belastung. Für die alleinerziehende Kellnerin ist es eine Unmöglichkeit. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als den Schulbezirk oder gleich den Stadtteil zu wechseln. Wer sich das leisten kann, tut es. Der Stadtteil kippt! Mit Bildungsgerechtigkeit hat das nichts mehr zu tun!

Der Schulträger trägt Mitverantwortung

Schulpolitik ist Landessache. Die Stadt als Schulträger ist für die Errichtung, Unterhaltung und Ausstattung der Schulgebäude zuständig. Ein Versagen auf Landesebene schlägt durch auf die soziale Zusammensetzung der Stadtteile. Sie wirkt sich auf die Stadtentwicklung aus. Man möchte meinen, dass die Stadt in so einem Fall alles, aber wirklich alles in ihrer Macht Stehende täte, um wenigstens eine Linderung herbeizuführen, zum Beispiel indem sie an den so genannten Brennpunktschulen durch Sanierung menschenwürdige Zustände herstellt oder in Zusammenarbeit mit dem Land Modellvorhaben startet mit kleineren Klassengrößen mit entsprechend angepasstem Raumprogramm.

Unser Antrag, die Stadt möge eine Realschule bevorzugt einer dringend benötigten Sanierung unterziehen, wurde von der SPD abgelehnt. Die Bereitschaft, die Ablehnungsgründe für den Antrag in der Bezirksratssitzung sachlich in den politischen Diskurs einzubringen, hat dabei offenkundig nicht einmal im Ansatz bestanden. Es wurde – außerordentlich respektlos gegenüber der betroffenen Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft, wie wir finden – schlicht gar keine Erklärung abgeben sondern nur trocken dagegen gestimmt. Der Stadtbezirksrat wird offensichtlich nicht als Ort für Debatten sondern als reine Werbeveranstaltung aufgefasst.

 

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