Auf ein Wort bitte…

Das Jahr 20 liegt nun hinter uns. Für meinen Großvater war das Jahr 20 sicher das Jahr großer Freiheit, wurde er doch im März aus Kriegsgefangenschaft entlassen. Für seinen Enkel war es aber kein Jahr der Unfreiheit. „Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall zu treffen“ sagte bereits Dürrenmatt. So ist es uns im Jahr 20 ergangen. Ein Virus ließ lang gepflegte Pläne plötzlich in sich zusammenfallen. Jeder reagierte darauf nach Temperament und Charakter anders, zwischen Wut und Verzagen, Angst und Gleichgültigkeit, mussten wir eine neue Welt betreten. Jeder, dem wir begegneten, konnte unsere Gesundheit gefährden; eine alptraumhafte Situation. Aber wir haben bestanden, nicht ohne traurige Verluste, aber bestanden. Unser Verhalten passten wir an, auch wenn wir auf das schöne Ritual, einander per Handschlag vor jeder Bezirksratssitzung zu begrüßen, verzichten mussten. Der Handschlag, übrigens von ganz links bis ganz rechts.

Die Schleimhäute als Eintrittspforten des Virus waren rasch erkannt; also Augen, Nase und Mund schützen. Augenwischen, Nasebohren und Daumenlutschen sind out, dafür vermehrt Händewaschen und husten nur im Keller. Früher war Hygiene eine Facharztausbildung, heute scheint es jede Verwaltung und jeder Baumarkt zu können. In der Kollision der hohen Politik mit der Wirklichkeit sah erstere oft nicht gut aus. Vieles wäre zu kritisieren, aber aus der hinteren Reihe sind gute Ratschläge billig.

Eine Leserin schrieb mir zu meiner Aufzählung positiver Novemberereignisse: „Bestimmt ein Versehen war die Auslassung der Reichsprogromnacht“ Das macht mich tief traurig. Auch „Jana aus Kassel“, die gefühlte Sophie Scholl, bestätigte meine Anregung vom September, sich ernsthaft mit dem NS auseinander zu setzen, so nachdrücklich, wie unglücklich. Umso mehr erfreute mich der Leserbrief vom Dezember, lobte mich die Dame doch mit guten Ratschlägen hinauf in die Riege der Schriftsteller, geradezu in die Nähe der “großen Schriftsteller“. Dafür mein Dank und wäre ich des Lateinischen so mächtig, wie die Frau Doktor, würde ich ihr antworten: de gustibus non est disputando.

Nachdem Sie nun dies, mein Stück Literatur, und das letzte Jahr überstanden haben,seien Sie gewiss, die Schwierigkeiten des Jahres 21 zu bestehen. Bitte verlieren Sie nicht Ihren Humor und bleiben Sie gesund!

Kommentare

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.